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Fachtag Medien. Spiele – Sucht?

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Ende Juli fand in Stuttgart der Fachtag Medien statt. Die Idee dahinter bestand darin, „sich (…) zu informieren, Projekte kennenzulernen, Fragen zu stellen und einen eigenen Standpunkt zu finden“. Eine sehr objektive Herangehensweise offenbarte schon die Einladung. Sie weist unter anderem von Beginn an darauf hin, dass keine „eindeutigen Bewertungs- und Diagnosekriterien [existieren], um eine Grenze zwischen problematischer und risikoarmer Mediennutzung ziehen zu können“. Entsprechend dieser Ausrichtung waren auch die einzelnen Programmpunkte bunt gemischt.

Einleitende Erfahrungsberichte und Vorträge

Benjamin Götz

Eine – sehr lebendige – Einstimmung boten die einleitenden Erfahrungsberichte. Benjamin Götz kommentierte unter dem Titel „Ein Klempner in Azeroth – Die virtuelle Parallelwelt als elternfreie Zone“ seine Erfahrung, dass sich Eltern wenig bis gar nicht mit den Medieninhalten ihrer Sprösslinge befassen. Während Fußballer zum Beispiel meist sogar nach dem eher unwichtigen Training befragt werden, was passiert sei, wer wie gespielt habe, etc., wird sich selbst nach dem wichtigsten Clanwar des Jahres kaum ein Elternteil davon erzählen lassen. Der Lehrer Rüdiger Schillinger berichtete begeistert, dass es Kinder nicht verlernt haben, auch ohne Medien Spaß zu haben. So habe er auf einer Klassenfahrt Schüler erlebt, die Stunden lang in einen winzigen Pool sprangen, obwohl sie sich zuvor kaum eine Schulstunde von ihrem Handy abwenden konnten.

Prof. Dr. Quandt

Wissenschaftlich wurde es mit einem Vortrag Prof. Dr. Thorsten Quandt, der unter anderem eine Studie zum Thema Cybermobbing vorstellte. Hierzu wurden Freundschaftsnetzwerke der Schüler analysiert und so festgestellt, wer sich in einer Clique befand, wer allgemein beliebt war und wer als Außenseiter betrachtet werden musste. Festzustellen war, dass (wie vorauszusehen war) vor allem Außenseiter gemobbt wurden, und zwar von eben jenen Personenkreisen, die sie auch offline „auf dem Kieker“ hatten. Ein weiteres trauriges Resultat: Mobbing (jeglicher Form) scheint Alltag an deutschen Schulen und wird als Normalzustand akzeptiert. Anschließend – wahrscheinlich bewusst nach den anderen Vorträgen – sprach Prof. Dr. Marion Laging über verschiedene Diagnosekriterien. Dieser Vortrag führte vor allem vor Augen, wie man zu hohen Zahlen von „suchtgefährdeten“ Computerspielern kommen kann. Kriterium war unter anderem, dass man auch nach Beendigung des Spiels weiter an dessen Inhalt denke. (Nach diesem Schlüssel wären also solche Spiele unbedenklich, die nicht zum Nachdenken anregen. Gute Nacht, Kultur! Hallo Berieselung!) Bessere Tests und Kriterien scheinen allerdings bislang nicht entwickelt zu sein. Zur Beruhigung sei gesagt, dass auch die Probleme und Schwächen der Diagnosekriterien angesprochen wurden.

Workshop „Exzessive Nutzung von Games“

Die verschiedenen Workshops liefen parallel ab und behandelten die Themen Medienkompetenzvermittlung (zwei Workshops), Faschismus im Netz (ein Workshop) sowie Mediensucht (zwei Workshops). Mein Workshop zum exzessiven Spielverhalten war zu meiner Freude sehr gefragt – es besteht also Interesse an der Sichtweise eines Computerspielers zum Thema Mediensucht. Es wurde viel – und konstruktiv – miteinander diskutiert, etwas zu viel für die eingeplanten 45 Minuten: Für den Abschluss der Runde hatte ich einige Fallbeispiele dabei, die ich zusammen mit den übrigen Teilnehmern analysieren wollte. Dazu kam es dann nicht mehr, da wir schon zuvor (im geplanten Theorieteil) immer wieder Praxisbeispiele aufgriffen und zusammen erläuterten, was man in welcher Situation tun kann.

Besonders hoch war hier das Interesse, wie man Kinder zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Medien erziehen kann. Dabei bestand Einigkeit, dass man gemeinsam mit dem Kind Zeiten ausmachen sollte, die variabel zu gestalten sind: „Wenn du heute etwas länger spielst, musst du morgen früher aufhören.“ So lernt das Kind, seine Zeit einzuteilen und auf die Uhr zu achten. Vor allem eine feste Uhrzeit – spielen nach Stundenplan von exakt 17:00 bis 18:00 – wurde mehrfach als wenig zielführend und vor allem anstrengend benannt. Der Vorschlag einer Art „Computer-Sperrstunde“, in der Hausaufgaben in aller Ruhe erledigt werden können, war einigen Teilnehmern neu, wurde aber positiv aufgenommen. Die Formel „erst Hausaufgaben, dann spielen“ ist ja sehr verbreitet, bringt aber zuweilen mit sich, dass sich das Kind schon auf Mario freut, während es eigentlich noch an Mathe denken sollte. Auch aufgegriffen wurde der Vorschlag aus dem ersten Erfahrungsbericht: Eltern sollten sich anschauen, was ihre Kinder spielen. Zusätzliches gemeinsames Videospiel kann auf beiden Seiten Verständnis schaffen, selbst wenn es sich nicht unbedingt um das Lieblingsspiel des Kindes handelt oder wenn Mutter oder Vater eher schlecht als Recht mit der Steuerung zurechtkommen.


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